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2008 | 10–12


Blue Balliet: Das Pentomino-Orakel
Fischer Schatzinsel · 255 Seiten · 7,95 €

Ein intelligentes und spannendes Buch, das sich wie ein Kriminalfall liest und den Leser doch gleichzeitig mit philosophischem Gedankengut zu Rolle und Sinn von Kunst vertraut macht! Zwei fast 12-Jährige, Calder und Petra, geraten durch eine banale Hausaufgabe in der Schule einem Kunstraub auf die Spur, und bald schon entführt die Kunst selbst sie in eine Welt, in der Vertrautes geheimnisvoll erscheint und man das Gefühl des Besonderen mit in den Alltag nimmt. Eines ist den beiden schnell klar: Je nachdem, wie sie die Dinge betrachten, verändern sie auch ihre Welt und auch sich selbst dazu. Blue Balliett weiß spannend zu erzählen und bedient sich dabei allerlei Tricks: So gibt es etwa zu entschlüsselnde Geheimbotschaften im Buch, in einem Code geschrieben, den Calder selbst erfunden hat. Alles in allem ein treffsicherer Roman, der Kindern und Jugendlichen gefallen wird, nicht nur, weil er spannend ist, sondern auch, weil er keine einfachen Antworten oder Pauschallösungen liefert, sich aber mit einem flotten Handlungsfluss rund um Themen, die sie interessieren, präsentiert.
   
Antonia Michaelis: Das Geheimnis des 12. Kontinents
Loewe · 349 Seiten · 7,95 €

Was ist das für ein Roman, der sich eigentlich jeder Klassifizierung entzieht? Er beginnt wie eine ganz realistische Erzählung von Karl, einem Waisenkind, das in einem Heim lebt und dort von seinem Vater, dem Kapitän träumt, der eines Tages kommen und es abholen wird. Karl ist wütend, und diese Wut ist eines der beherrschenden Erzählmotive des Romans. Eines Nachts verschwindet er einfach und macht sich auf den Weg zum Meer. Hier begegnet er einem uralten Seefahrervolk, den Winzigen, die ihn bei sich aufnehmen. Auch die Winzigen sind traurig und auf einer Mission, denn sie haben bis auf einen Jungen alle Kinder auf dem 12. Kontinent verloren, die sie nun zurückholen wollen, und dabei will Karl ihnen helfen... Es ist eine Geschichte von Freundschaft, Liebe, Wut und Traurigkeit, und sie stehen alle gleichberechtigt nebeneinander, denn für jedes Gefühl gibt es seine eigene Zeit. Michaelis zeigt in ihrer Geschichte, ohne es auszusprechen, wie Gefühle entstehen und was sie aus uns machen, wie wir mit ihnen fertig werden können, damit alles zu einem guten Ende kommt. Ihre bei aller Schlichtheit und Einfachheit bildreiche Sprache, die gern auf der Beschreibung Einzelheiten verweilt, macht das Lesen dieser anrührenden Geschichte zu einem großen Vergnügen.
   
Kerstin Kipker (Hrsg.): Ferien!
Arena · 142 Seiten · 7,95 €

Die Herausgeberin Karstin Kipker hat elf "erfrischende Sommergeschichten" namhafter deutscher Schriftsteller zusammengestellt. Vertreten sind Patricia Schröder, Christian Bieniek, Andreas Schlüter, Sigrid Zeevaert, Achim Bröger, Andreas Steinhöfen, Nina Schindler, Paul van Loon, Wolfram Hänel und Bettina Obrecht, und sie alle erzählen von Kindern an der Grenze zum Jugendlichen, die noch mit den Eltern in Urlaub fahren, aber doch beginnen, ihr Leben eigenständig zu leben. In den Geschichten geht es um Ferienerlebnisse pur, um Fernreisen mit dem Flugzeug, um Strandabenteuer, um Ponyferien, und immer ist eine Begegnung, die diese Ferien prägt und das Leben der Jugendlichen nachhaltig beeinflusst mit einer neuen Erfahrung, mal romantischer, mal unheimlicher, mal regelrecht gruseliger Natur. Die Geschichten sind nicht neu, sondern stammen aus anderen Publikationen der Autoren aus den Jahren 1997 bis 2004. Auch wenn sie vom Thema "Ferien" her eng verwandt erscheinen, bieten sie durch unterschiedliche Schwerpunktsetzung eine epische Breite, die eine ebenso breite Leserschaft, vorzugsweise Mädchen, ansprechen wird. Empfehlenswert für leichte, beschwingte Unterhaltung, egal ob am Strand in der Ferne oder zu Hause auf dem Balkon.
   
Manne Forssberg: For Boys Only – Alles über Sex und Liebe
Beltz · 208 Seiten · 7,95 €

Vor einigen Jahren gab es vor allem zwei Sorten von sog. "Aufklärungsbüchern": Die einen warnten vor allem und jedem und machten ein Riesengeheimnis aus allen Dingen, die man eignentlich wissen wollte. Die anderen erinnerten eher an Gebrauchsanweisungen für technische Geräte aus dem Baumarkt. Anscheinend können Skandinavier mit diesen Dingen besser umgehen, Forssberg zumindest kann es. Als Einstieg fungiert die "existenzielle" Frage: Ist "er" groß genug? Danach wendet sich Forssberg der weiblichen Anatomie zu, schildert, erklärt und baut damit kräftig Hemmungen und Unsicherheiten ab. Gleichzeitig mischen sich in die Biologie schon zahlreiche Tipps und Anregungen zu partnerschaftlichem und verantwortungsbewusstem Verhalten; es folgen "untechnische" Kapitel über Liebe und Verliebtsein bevor es bei den Abschnitten über Schwulsein, Pornografie und Geschlechtskrankheiten wieder drastischer und medizinischer wird. Eine der größten Qualitäten dieses Buches ist, dass Forssberg sowohl den deutlichen Vorsprung an Kenntnissen und Erfahrung belegen kann als auch sein eigenes Betroffensein von den gleichen Fragen und Problemen darstellen kann. Diese Mischung von Freund und Berater nimmt allen Ratschlägen den Charakter von Belehrung.
   
Hermien Stellmacher: Alle Sterne stehen auf Liebe
dtv · 192 Seiten · 5,95 €

Karo ist die einzige, wie sie glaubt, die keine Beziehung hat, und da hilft es auch nicht, wenn Mira prophezeit, in Kürze würde der Traumprinz auftauchen – womit sie natürlich recht behält. Karos Liebesgeschichte ist witzig und einfühlsam zu lesen, denn sie geht konsequent alle Umwege, die man nur gehen kann. Fest entschlossen, sich von dem schönen italienischen Austauschschüler küssen zu lassen, gerät Karo von einem peinlichen Dilemma ins andere, und wenn auch Hermien Stellmacher hier mit eigentlich verbrauchten Klischees von den glutäugigen Italienern arbeitet, gelingt ihr das gut, weil es genau die beabsichtigte Botschaft herüberbringt. Gott sei Dank gibt es ja den treuen Paul, bei dem man sich ausweinen kann und der sowie alles versteht und auch noch witzig und humorvoll ist, ein richtiger Kumpel also zum Pferdestehlen. Oder ist er etwas mehr?
   
Dora Heldt: Siebenmeter für die Liebe
dtv · 192 Seiten · 5,95 €

Paula ist neu an der Schule, nachdem ihre Eltern nach Hamburg gezogen sind. Nicht nur ihre alten Freundinnen hat sie aufgeben müssen, nein, auch den Handballsport. Paula hat nämlich im Verein gespielt und ist verdammt gut in Handball. Leider gelingt es ihr, das Ganze derart zu vermasseln, dass niemand an der neuen Schule weiß, wie gut sie ist, und alle sie für ein richtiges Landei halten. Alle - bis auf den neuen Sportlehrer an der Schule, Florian Hoffmann, der selbst in der Bundesliga gespielt hat, bevor er sich nach einem Unfall als Sportlehrer betätigt. So einen Lehrer wie Florian Hoffmann werden sich viele wünschen, und vielleicht geschieht ja das Wunder, dass der eine oder andere Lehrer das Buch mal in die Hand nimmt und darin liest. Florian Hoffmann ist nämlich einer, der seine Schüler versteht und nicht piesackt, ein echter Partner, der in den Schwachen ihre Stärken sucht und es versteht, Mut zu machen, Demütigungen abzuwenden, anzuspornen, die Schüler sich als Gruppe und Gemeinschaft empfinden zu lassen, die sich mächtig ins Zeug legt, um etwas zu erreichen - und das alles eigentlich ohne jeden Aufwand.
   
Anna Ludwig: Küsse im Gepäck
dtv · 192 Seiten · 5,95 €

Eine eigentlich richtig anrührende Geschichte, die man am besten in den Ferien liest. Da spielt sie nämlich auch: Emma muss zu Hause bleiben, weil ihre Eltern das mit dem Urlaub vermasselt haben, und zum Trost darf sie eine Schülerin aus Schweden in den Ferien aufnehmen, die mit ihr das Zimmer und die Freizeit teilen wird. Dine heißt die Gastschülerin, und Emma freut sich. So lange jedenfalls, bis die Schweden anreisen und sich herausstellt, dass Dine ganz offenbar nicht mitgekommen ist. Bis der übrig bleibende lang aufgeschossene Junge mit einer potthässlichen überdimensionalen Brille und einem lächerlich kleinen Pullover sich als Dine entpuppt... Was sich dann in den kommenden drei Wochen abspielt, folgt zwar den Erwartungen, ist aber dennoch mit einigem Tiefgang erzählt: Wie langsam eine Freundschaft (und am Ende natürlich mehr) zwischen den beiden entsteht, wie sich Vertrauen bildet und das Verständnis wächst für den ungewöhnlichen Jungen, der seine krebskranke Mutter zu Hause gelassen hat, der den Pullover seiner kleinen Schwester trägt, weil er es ihr versprochen hat, damit sie weniger einsam ist, und der die Fensterglasbrille seines verstorbenen Großvaters trägt, weil er dann einiges besser und geduldiger aushalten kann.